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In unregelmäßiger Reihenfolge informiere ich hier über meine Praxis oder aktuelle Entwicklungen.
Mein Interesse kenne ich nicht
Nach einer Naturkatastrophe wurden viele Häuser saniert. So auch dieser Altbau - von der Betonsohle bis zum Dach. Noch während der Fertigstellungsphase wurde der Parkettboden [konkave Verformungen] beanstandet. Der Anwalt der Eigentümer-Partei hat sich große Mühe gegeben, möglichst viele technische Fragestellungen zu formulieren. Unterstützt wurde er dabei von einem Sachverständigen. Alle Fragestellungen zielten darauf ab, die Schuldfrage für das Erscheinungsbild eindeutig zu klären und dem Handwerker zuzuweisen. Das ist sicherlich in einer Konfliktsituation ein normales Verhaltensmuster.
Die Parteien beauftragten mich, ein Schiedsgutachten in Kooperation mit einem technischen Sachverständigen zu erstellen.
Die Aktenlage zeigte mehrere Beteiligte [Planer, Eigentümer, Handwerker, Anwälte] und eine Timeline, die Unsicherheiten und Lücken aufweist. Zur Feststellung des Sachverhalts wurde ein Ortstermin vereinbart. Trotz einer Einladung an alle waren vor Ort nur der Eigentümer sowie der von ihm beauftragte Planer. Das ist auch ein Zeichen für die persönlich empfundene Machtposition. Macht spielt in Konflikten immer eine sehr große Rolle - genauso wie die empfundene Ohnmacht.
Die Betrachtung der objektivierbaren Fakten ist in den meisten Fällen bei einem Schiedsverfahren und auch bei einer Mediation aus meiner Sicht ein Muss. Zählen, wiegen, messen - all das kann Perspektiven verdeutlichen, Perspektiven verändern, ein Verständnis für Regeln schaffen und ein Verständnis für unterschiedliche Positionen hervorrufen - also dann auch ein Teil der Lösung werden.
Und es gibt ja auch noch den Faktor Mensch.
Auf die Frage, „warum möchten Sie dass dem Handwerker die Schuld zugesprochen wird?“, antwortete der Eigentümer: „damit es gerecht zugeht.“
„Was hat sich geändert, nachdem eine Lösung gefunden wurde?“ „Ich bin danach mit mir im Reinen.“
„Wünschen Sie eine Neugestaltung des Raumes?“ „Auf keinen Fall - bitte lassen Sie mich jetzt erstmal hier wohnen. Ich habe schon zwei Jahre lang gelitten.“
Was gewollt wurde, ist subjektiv empfundene Gerechtigkeit.
Nach mehreren Gesprächen [einzeln und gemeinsam] konnten sich die Parteien verständigen – ganz anders als zuvor gedacht.
Motivation durch Belohnung
In vielen Fällen treibt die Sorge vor Fehlern in das Verschweigen von Fehlern. Auch werden schnell Vorleistungen kritisiert, Bedenken schriftlich angemeldet. Und es wird großer Aufwand produziert.
VOB, Werkverträge und auch die Gesetzgebung sanktionieren Fehler, Mängel – nirgendwo taucht jedoch eine Form der Belohnung bei Vertragserfüllung für die ausführenden Handwerksunternehmen und auch Planer auf.
Bei Großprojekten entwickelt sich gerade eine leichte Veränderung.
Warum, so lässt sich fragen, werden nicht auch die Handwerkspartner in Projekten belohnt, wenn Sie gut gearbeitet haben? Wenn alles termingerecht verläuft? Wenn auf Verbesserungsmöglichkeiten hingewiesen wird? Wenn die Ausführung anspruchsgerecht/interessengerecht erfüllt wurde?
Es sollte wie im Fußball sein: „Die Lust zu gewinnen muss größer sein, als die Angst zu verlieren.“
Dazu ist es manchmal sehr hilfreich, ein „Das haben wir immer so gemacht“ durch neue Perspektiven zu erweitern.
Mit einer verbesserten, neuen Fehlerkultur und einem Integrativen Konfliktmanagement- und Belohnungssystem im einzelnen Projekt kann von der Planung bis zur Realisierung eine signifikante Verbesserung des Projektablaufs, der Kostenentwicklung, der zeitlichen Verbindlichkeit und des "Ärger und Sorgen Kontos" erzielt werden.